HierBewertung 10 von 10

Dies ist mal wieder eines dieser Bücher, welches man schnell übersehen könnte, nicht etwas weil es unscheinbar aussieht, wobei das Buch auf den ersten Blick eher wie ein Roman anumtet, oder weil die Idee der Geschichte zu trivial erscheint, nein, man kann es sich einfach schwer vorstellen, wie eine Geschichte mit derart selbst auferlegten Beschränkungen funktionieren kann, wenn man es nicht selbst gelesen hat.
Dabei ist die Idee ist so einfach wie genial, man öffnet ein Fenster in Zeit und Raum, nur einen ganz bestimmten Ausschnitt und beobachtet durch dieses Fenster, in Abhängigkeit von der Zeit, einen bestimmten Ort und schaut, was an diese Stelle alles passiert. Insofern ist das Cover, rückblickend betrachtet, mehr als gelungen gewählt, zeigt es doch eben diese Fenster in der Zeit. Das Konzept klingt verlockend, aber man kann sich beim besten Willen nicht vorstellen, was sich dahinter für eine Geschichte verbirgt. Gerade weil bei der normalen und üblichen, lineare Erzählweise, selbst, wenn diese zeitliche Sprünge aufweist, die Orte doch wechseln oder zumindest, wenn dies etwas wie bei Theaterstücken nicht der Fall ist, einen eher überschaubaren zeitlichen Rahmen vorgegeben ist. Ändert sich der Ort nicht, sind es die Charaktere die eine wichtige Rolle spielen, die Psyche von Personen, das soziale Geflecht, etwas an dem sich die Protagonisten oder der Leser selbst reibt. Wobei die Menschlichkeit hier nicht zu kurz kommt und auch in dieser Geschichte deutlich gezeigt wird, dass der Mensch, losgelöst von der Zeit, bestimmte Verhaltensmuster immer und immer wieder aufzeigt.
Beim ersten oberflächlichen Durchblättern fällt auf, dass es jeweils Illustrationen über die ganze Seite sind, man denk sich im Stillen dieses Buch hat man doch trotz der 300 Seiten in 10 Minuten durch. Doch auch hier trügt der erste Eindruck, die Seiten sind zwar alle jeweils über eine Doppelseite illustriert, doch gibt es auch hier jeweils zeitliche Risse, auf den einzelnen Seiten, die mehrere zeitliche Ereignisse parallel darstellen und zeigen. Es kann also passieren, dass man mehrere Jahrzehnte auf einer Seite hat und so eine Tiefe erzeugt wird, die am Ende eine, womöglich örtlich sehr begrenzt, aber zeitlich höchst komplex Geschichte erzählt.
Die Illustration hat recht einfache Elemente, die wie vektorisierte Objekte anmutet, was auf der einen Seite recht einfach und flach wirkt, aber eben auch die Beständigkeit von Einflüssen der Zeit unberührten Objekten symbolisiert. Alles scheinbar lebendige, dynamische und vergängliche hingegen, ist dann mit weniger klaren, an Bleichstiftskizzen anmutenden, grafischen Elementen dargestellt, deren Kombination durchaus ihren eigen Reiz hat.
Dies ist eines der Bücher, das jedem ambitionierten Comicleser an Herz gelegt sei, es bricht mit den üblichen Konventionen und überrascht an so vielen Stellen, dass man am Ende überrascht wird, wie komplex die Geschichte doch ist und was das Buch auf den ersten Blick nicht vermuten lässt. Hinzukommt, dass es liebevoll aufgelegt wurde, Schutzumschlag, griffiges, leicht raues Papier, was das Buch auf den ersten Blick eher als Roman erscheinen lässt. Wer mag bei diesem Buch auch vermuten, dass die Grundidee des Autors schon ein paar Jahre auf dem Buckel hat und 1989 als 6 seitige Geschichte, in Schwarz / Weiß, begann.
Eine spannende Reis durch mehrere Milliarden Jahre, aus der Vergangenheit in die Zukunft und trotzdem, ganz und gar nicht linear erzählt.Richard McGuire ist ein Auto und Illustrator den man im Auge behalten sollte. In diesem Sinne Tempus fugit, amor manet. (Die Zeit vergeht, die Liebe bleibt.)

Viel Spaß beim Hören der Besprechung zu “Stille Nacht: Die Weihnachtsgeschichte ohne Worte”.

Hier
Autor & Zeichner: Richard McGuire
Hardcover: 300 Seiten, durchgehend farbig illustriert
Preis: 24,99 EUR
Verlag: Dumont

Auf Amazon kaufen:
Hier

Tags:

5 Comments

  1. Klingt interessant. Ich habe daheim derzeit noch viele Comics, die ich erst einmal lesen muss, aber ich setze es auf meinen Merkzettel.
    Haha Conan…geil^^ Einfach genial der Typ 😀

    1. In der Tat ein Buch, welches mich überrascht hat und das Problem mit dem Stapel ungelesener Comics kenne ich 😉 Welche Comics liegen bei dir auf dem Stapel?

      1. Mehrere Nightwing, Batman und Smallville Comics und noch eins von American Vampire. Und da ich bald Geburtstag habe wird auch noch was dazu kommen.

  2. Ich habe mir das Buch vor einiger Zeit geholt und muss sagen es hinterlässt einen besonderen Eindruck. Man beginnt wieder mal sich über das Leben, insbesondere die begrenzte Zeit, die man hat Gedanken zu machen. Auch über die Zeit, die schon vergangen ist.

    1. Dieses Buch ist wie das Leben selbst, auf den ersten Blick eigentlich ganz einfach, aber bei genauerer Betrachtung sehr komplex. Aber auf jeden Fall ein tolles Buch.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.