CoverBewertung 10 von 10

Lescheks Flug ist ein fabelhaftes Beispiel dafür, dass Comics auf hohem Niveau auch aus Deutschland kommen können. Das vorliegend Buch, geschrieben und gezeichnet von Sebastian Stamm, wohlgemerkt sein Comic Erstlingswerk, zeigt nicht nur ein wohl überlegtes Setting mit vielen Facetten, einer Geschichte die Überzeugen kann, weil sie auf verschiedenen Ebenen funktioniert, sondern glänz gerade auch durch ihr Artwork.

Die Geschichte selbst ist liebevoll erzählt und hat einiges zu bieten. Sie erzählt die Geschichte des Roboters Leschek, der sich aus den Mühlen des Alltags befreien will. Er hat eine Job den er nicht mag, kreative Ideen die keinen Interessieren und eine Chefin die ihn mobbt. Doch dann kommt er zu einer unverhofften Erbschaften und das Abenteuer beginnt für ihn. Zweiter Protagonist ist Faarman der auf der Suche nach einem neuen Job auf Leschek trifft, unsicher aber mit dem Herz am rechten Fleck und irgendwie selbst auf der Suche nach dem Sinn des Lebens, ergänzen die beiden sich perfekt.

Künstliche Intelligenz trifft also auf einen Menschen und am Ende verschwimmen die Grenzen der Menschlichkeit. Mit allen Anspielungen die in diesem Buch zu finden sind, könnte man gut und gern parallelen zur Grundhandlung von George Orwell “Animal Farm” ziehen, das ebenfalls mit Gleichnissen und einer dystobischen Welt arbeitet.

Beindruckend ist, dass es sowohl philosophische, als auch sozialkritische Ansätze in diesem Buch gibt, ohne dass die Geschichte dadurch schwer und träge ist. Es ist eher subtil in eine spannende kleine Geschichte gewoben und natürlich gibt es auch dort wie im Artwork sebst, das eine oder andere zu entdecken. Anspielungen sind jedenfalls einige zu finden, so zum Beispiel die Antwort auf die “life, the universe and everything” Frage aus “The Hitchhiker’s Guide to the Galaxy” von Douglas Adams, was ja ohne Frage zum Grundthema den ganzen Buches passen würde.

Das Artwork zeigt ein gutes gespürt für Farben und Harmonie, die Geschichte wird gerade dadurch in ruhigen Moment und ohne viel Text erzählt. Auch wenn ich sonst hier und da die Personalunion von Autor und Künstler kritisiere, kann sich dieses Vorurteil hier nicht bestätigen. Die Panel sind dynamisch und voll mit kleinen Details gepackt, die erst beim zweiten oder sogar dritten lesen deutlich werden. Es gibt einfach eine Fülle von Details zu entdecken, ohne dass das Buch überladen oder voll wirkt. Die Charaktere sind liebevoll gezeichnet und jeder einzelne hat seine ganz individuelle Ausgestaltung.
Doch gerade auch die Kolorierung ist mehr als gelungen, es sieht nach viel Handarbeit aus und wirkt dadurch umso authentischer. Pastellfarben, in Kombination mit warmen erdigen Tönen, die mich stellenweise an das Artwork und die Kolorierung diverser Mœbius Comics erinnern, zeichnen eine beeindruckend komplexe Welt, volle Details. Ein Künstler der also, im Hinblick auf Zukünftige Werke, definitiv im Auge behalten werden sollte.

Ich hoffe es bleibt nicht das einzige Werk aus der Feder von Sebastian Stamm, denn mich konnte dieser Comic, sowohl im Hinblick auf das Artwork, also auch die Geschichte selbst überzeugen. Hinzu kommt, dass Rotopolpress dieses Buch auf dickem schönen Papier gedruckt hat und deshalb nicht nur die Optik stimmt, sondern auch die Haptik.

Zwischenzeitlich hat “Lescheks Flug” den ICOM Independent Comic Preises für den “Bester Independent Comic” 2014 erhalten, in meinen Augen jedenfalls völlig zu recht.

Wer noch nicht genug von Sebastian Stamm hat, der sollte einen Blick auf das Indie Game “Tiny & Big” werfen, das ebenfalls aus der Feder von Sebastian Stamm stammt und wofür er ebenfalls diverse Auszeichnungen erhalten hat. Also ein Talent mit vielen Gesichtern.

Viel Spaß beim Hören der Besprechung zu “Lescheks Flug”.

Lescheks Flug
Autor & Zeichner: Sebastian Stamm
Softcover: 124 Seiten, farbig
Preis: 19,00 EUR
Verlag: Rotopolpress

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3 Comments

  1. Vielen Dank für das Review! Mich hat die Story nicht so vom Hocker gehauen. Ich sehe da eher viel verschenktes Potential, dafür aber grandioses World Building und extrem geiles Artwork. Dem Herrn Stamm müsste mal jemand einen richtig guten Autoren an die Hand geben, da würde sicher Großes bei rumkommen.

  2. Hi Lars, ich glaube die Geschichte hat viele Meta Elemente, in die kann man viel “hineindeuten” und ich persönlich mag solche Geschichten, aber das Artwork ist ohne Frage, sehr gelungen!

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