Dieses Buch ist mit Sicherheit völlig anders als die übliche Kost und anders als der Titel „Sex“ im ersten Moment vermuten lässt. Hier handelt es sich nicht um eine typische oder gar klassische Form der erotischen Literatur, nein man darf sich überraschen lassen. Superhelden und Superheldinen im Ruhestand, sind es, um die es sich, könnte man vereinfacht sagen, dreht. Mehr oder weniger unvorbereitet sehen sie sich plötzlich völlig menschlichen und trivialen Problemen ausgesetzt, die sie ganz individuell und nun anderes lösen müssen, zusätzlich ist der ganz persönlichen Kick, Gefahr und Abenteuer zu erleben, nicht mehr zum greifen nah. Die Normalität des Alltags ist grauer und langweiliger als vermutet. Die Hauptfiguren erinnern an Batman und Catwomen, allein sie sind im Ruhestand. Er, ein reicher CEO eines multimilarden Dollar Unternehmens, sie, Inhaberin eines edel Bordells, wobei dieser Begriff hier fast unpassend ist und beinah zu profan klingt. Die Grundsitutation sieht so schlecht nicht aus und doch könnten beide nicht einsamer sein und natürlich sind sie sich in ihrem früheren Leben schon über den Weg gelaufen, was seinen ganz eigenen Reiz hat.
Wo Licht ist, ist auch Schatten und der ist hier besonders abgründig und man fühlt sich an Friedrich Nietzsche erinnern “Wer mit Ungeheuern kämpft, mag zusehn, dass er nicht dabei zum Ungeheuer wird. Und wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein.” Hier in der Gestalt eines Ganzkörper „Freddy Krueger“, böse und ziemlich abgründig. Wobei man im Buch immer glaubt schlimmer kann es nicht kommen und dann, legt man noch eine Schippe drauf.
Natürlich spielt Sex eine wichtige Rolle. Ganz offen und in aller Deutlichkeit, mit der eine oder andere grenzwertigen Erfahrung, ohne dabei etwas zu schönen. Aber entgegen dem Titel spielt Sex gerade nicht so die vordergründige Rolle, es ist die Geschichte, die Charaktere und das tolle Setting, das zu überzeugen vermag.
Der Stil der Geschichte, ist düster und schmutzig, hätte von der Art und vom Charme den sie versprüht gut und gern in die “Before Watchmen” Reihe gepasst, sie kann sich ohne weiteres mit den hervorragenden Geschichten eines Darwin Cook messen und ist am Ende vielleicht sogar noch eine Idee besser, düsterer auf jede Fall und sexuell präsenter, keine Frage.
Das Artwork ist klar und ohne Schnörkel, platt gesagt mit vielen durchaus gelungen “Anatomiestudien”. Das Buch lebt jedoch von der fantastischen Kolorierung, die fernab vom Mainstream ist und sicher ein wichtiger und bedeutender Teil für den Erfolg dieses Buches ist. Man fühlt sich Phasenweise an „Metropolis“, den Klassiker aus den 30er, von Fritz Lang, erinnert. Es ist dieser Charme und Glanz der 30er mit all den modernen Annehmlichkeiten, die in diesem Buch zur Geltung kommen. Wie schon gesagt, so richtig glänz das Artwork jedoch durch seine Farben, die weder gedeckt, noch im klassischen Sinne passend sind, und trotzdem genauso provokant wie das Thema Sex sind. Sie transportieren die Stimmung, die eben durch ein sehr grelles und außergewöhnliches Farbspektrum erzeugt wird und sich durchaus selbst auf einer Seite, sehr wandlungsfähig zeigen kann.
Der einzig fade Beigeschmack mag am Ende darin bestehen, dass man unbedingt den zweiten Band lesen will, denn solche Geschichten sind es, die ein gutes Beispiel für das Medium Comic sind und schnell erahnen lässt, worin der Reiz liegt eben Comics zu lesen kann und damit ist nicht die Freizügigkeit in Puncto Sex gemeint, sondern das gesamte Paket aus Geschichte, Zeichnung und Farbe. Ein ganz heißer Tipp jedenfalls und das vermutlich in zweierlei Hinsicht.
Viel Spaß beim Hören der Besprechung zu “Sex: Ein steifer Sommer”.
Sex: Ein steifer Sommer
Autor: Joe Casey
Zeichner: Piotr Kowalski
Farbe: Brad Simpson
Softcover: 168 Seiten, farbig
Preis: 17,99 EUR
Verlag: Panini Comics